Hertha Koenig - Schriftstellerin und Gutsherrin

von Norbert Sahrhage


Hertha Koenig im Gespräch mit zwei Studenten, die der Schriftstellerin auf Gut Böckel einen Besuch abstatteten.. (Museum Bünde)
Hertha Koenig im Gespräch mit zwei Studenten, die der Schriftstellerin auf Gut Böckel einen Besuch abstatteten.. (Museum Bünde)

Das Gut Böckel gehörte bis zur kommunalen Neugliederung im Jahre 1968 zur Gemeinde Muckum (Amt Ennigloh). Die bekannteste Eigentümerin des Gutes war die Schriftstellerin Hertha Koenig, die am 24. Oktober 1884 auf Gut Böckel geboren wurde. Ihre Eltern, Carl und Julie Koenig, hatten das Gut von Herthas Großvater Leopold Koenig, der im 19. Jahrhundert im zaristischen Russland als Zuckerproduzent sehr reich geworden war, geschenkt bekommen.

 

Nach dem Besuch einer Höheren Töchterschule in Bonn, wo der Zoologe Alexander Koenig, der Bruder ihres Vaters, lebte, ließ sich Hertha Koenig in Freiburg zur Krankenschwester ausbilden.

Von 1905 bis 1921 wohnte Hertha Koenig zeitweise in München, wo sie Gastgeberin eines literarischen Salons war und Kontakte zu Münchener und später auch Berliner Künstlerkreisen unterhielt. In dieser Zeit entstand auch eine Freundschaft mit Rainer Maria Rilke, der im Jahre 1917 für mehrere Monate Gast auf Gut Böckel war. Die 5. seiner Duineser Elegien widmete Rilke Hertha Koenig.

Im Jahre 1910 veröffentlichte Hertha Koenig ihre erste Gedichtsammlung (Sonnenuhr) im O. Beck-Verlag, weitere Gedichtbände (Sonette, Blumen, Die Letzten etc.) und Romane (Emilie Reinbeck, Die kleine und die große Liebe) folgten. Hertha Koenig war kurzzeitig (1910-13) mit dem Literaturwissenschaftler Roman Woerner verheiratet. Wenige Jahre nach dem Tod ihres Vaters (1927) kehrte Hertha Koenig nach Muckum zurück und kümmerte sich um die Verwaltung der Güter Böckel und Waghorst. Während dieser Zeit sammelte Hertha Koenig Gemälde bekannter Maler (u.a. Picasso) und unterhielt Kontakte zu Intellektuellen (Carl Jacob Burckhardt, Martin Heidegger, Oscar Maria Graf, Max Picard etc.) und Politikern (Theodor Heuss). Der erste Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland besuchte Hertha Koenig im November 1953 auf Gut Böckel.

Auch als Gutsverwalterin war Hertha Koenig weiterhin literarisch tätig. 1963 entstand das Porträt Rilkes Mutter und ein Jahr später erschien der Roman Der Fährenschreiber von Libau, in dem Hertha Koenig die Geschichte ihrer Familie erzählt. Hertha Koenig verstarb am 12. Oktober 1976 auf Gut Böckel. Der Nachlass der Schriftstellerin befindet sich im Deutschen Literaturarchiv Marbach.

Quellen/Literatur:

Friedhelm Tiemann, Anmerkungen zur Biographie und Lyrik Hertha Koenigs, in: Wolfgang Heyer, Ulrich Müller u. Friedhelm Tiemann Hg., Die Zeiten ändern sich. Bünde – Stadt und Raum im Wandel, Münster 2003, S. 63-68. Norbert Sahrhage, Bünde. Stadt und Amt von 1719 bis 1990, Bielefeld 2019, S. 467.