Lic. Julius Prüßner: Der Bischof von Bünde

von Norbert Sahrhage


Ein typisches Bild: Julius Prüßner, der „Bischof von Bünde“, mit Bibel und Zigarre. (Museum Bünde)
Ein typisches Bild: Julius Prüßner, der „Bischof von Bünde“, mit Bibel und Zigarre. (Museum Bünde)

Julius Prüßner, am 29. Mai 1901 in Herford als Sohn des Landwirts Hermann Prüßner und seiner Frau Johanne geboren, legte Ostern 1921 die Reifeprüfung am Gütersloher Gymnasium ab. Das Theologiestudium absolvierte er an den Universitäten Münster, Greifswald und Leipzig. Seine theologischen Examina bestand Prüßner in den Jahren 1924 und 1927 in Münster. Vom 1. November 1925 bis zum 31. Oktober 1926 besuchte er das Predigerseminar in Soest. Die Ordination zum Pfarrer erfolgte am 3. Juli 1927 in Prüßners Heimatstadt Herford. Im Jahre 1926 war Prüßner in Greifswald zum Lizentiat [Abk.: Lic.; entspricht in etwa dem Dr. theol.] promoviert worden.

Nach seiner Tätigkeit als Hilfsprediger in Schüren (Dortmund-Aplerbeck) wurde Julius Prüßner am 15. Februar 1928 als Inhaber der 2. Bünder Pfarrstelle eingeführt. Tags darauf heiratete Prüßner Helene Heidemeyer, Tochter eines Landwirts aus Herford. Das Ehepaar hatte drei Kinder: Christa, Eberhard und Annette.

Als Landwirtssohn hatte Prüßner eine konservative Grundeinstellung. Den Zeitgeist der Weimarer Republik begriff er als eine Bedrohung der Kirche und des christlichen Glaubens. Die »Machtergreifung« der Nationalsozialisten sah Prüßner anfangs als Möglichkeit, die von der sozialistischen Sowjetunion ausgehenden antikirchlichen Einflüsse nachhaltig zu bekämpfen, dann jedoch wandte er sich gegen die Bestrebungen der »Deutschen Christen«, die Eigenständigkeit der Kirche zu schwächen und den Glauben zu verfälschen. In zahlreichen Konflikten vertrat er ab 1934 mutig die Position der »Bekennenden Kirche«.

Da sein älterer Amtsbruder Peter Meyer zu Helligen im Zweiten Weltkrieg gefallen war, übernahm Prüßner am 14. September 1945 die 1. Bünder Pfarrstelle. Neben seiner Tätigkeit als Pfarrer unterrichtete Prüßner viele Jahre lang das Fach Religion am Bünder Jungengymnasium. Julius Prüßner, der am 3. Juli 1967 sein 40. Ordinationsjubiläum gefeiert hatte, trat am 31. Mai 1971 im Alter von 70 Jahren in den Ruhestand, aber auch danach hielt Prüßner, der vielen Bündern auch als Bischof von Bünde bekannt war, vertretungsweise Gottesdienste. Er blieb, auch wenn er nicht mehr Inhaber einer Pfarrstelle war, weiterhin Pastor, wie ein Redakteur der »Bünder Zeitung« anmerkte. Seine Gemeindemitglieder duzte er fast ausnahmslos.

Über seine Begegnungen mit den Mitgliedern seiner Gemeinde gibt es zahllose Anekdoten. Friedhelm Tiemann, der Julius Prüßner sehr gut kannte, erzählt in seinem Beitrag „Bischof von Bünde“ von einem Gespräch, das sich entwickelte, nachdem Julius Prüßner ältere Schüler nach ihren Plänen für die großen Ferien befragt hatte. „Einige Schüler nannten ihre Urlaubsziele, die Julius etwa wie folgt kommentierte: ‚Da bleib man weg, da sitzen ja die Heiden‘ oder: ‚Da pass man auf, daß du nicht beklaut wirst!‘ Einem Schüler, der schließlich zögernd gestand, daß er mit seiner Freundin verreisen wolle, äußerte er kopfschüttelnd seine Bedenken: ‚Junge, Junge, wenn das man gutgeht!‘ ‚Warum denn nicht?! Ist es denn schlimm, mit einem Mädchen zu schlafen?‘ – ‚Nein, aber ihr Deubels schlaft ja nicht!‘“

Julius Prüßner starb am 16. Oktober 1981 nach kurzer, schwerer Krankheit; seine Frau Helene war bereits im Jahre 1961 verstorben. Die Lokalzeitung, die über Prüßners Tod berichtete, beklagte, dass die Stadt „eine ihrer bekanntesten und beliebtesten Persönlichkeiten“ verloren habe.

Quellen/Literatur:

Friedhelm Tiemann, Bischof von Bünde, in: Klaus Ackermann u. Ingo Hecker Hg., Bünde. Gesichter einer Stadt, Herford 1992, S. 59-62. Norbert Sahrhage, Bünde. Stadt und Amt von 1719 bis 1990, Bielefeld 2019, S. 336.