Dr. Robert Körber: Ein Ewiggestriger in Bünde

von Norbert Sahrhage


Dr. Robert Körber. (Stadtarchiv Bünde)
Dr. Robert Körber. (Stadtarchiv Bünde)

Der österreichische Antisemit Dr. Robert Walter Viktor Körber, am 24. Mai 1896 in Wien als Sohn eines Elektrotechnikers geboren, verbrachte seine Jugend- und Schulzeit in der Donaumetropole. Körbers jüngere Schwester Hilde, eine zwischen den 1930er und 1950er Jahren auch in Deutschland recht bekannte UfA-Schauspielerin, war von 1929 – 1938 mit dem Regisseur Veit Harlan verheiratet, der u.a. die NS-Propagandafilme „Jud Süß“ und „Kolberg“ zu verantworten hatte. Nach dem Beginn des Ersten Weltkrieges meldete sich Robert Körber als Kriegsfreiwilliger zur österreichischen Infanterie. 1916 geriet er im Zuge der Brussilow-Offensive in russische Kriegsgefangenschaft; 1920 gelang ihm die Flucht und er kehrte nach Wien zurück.

Ab 1920 studierte Körber in Wien an der Hochschule für Welthandel. Hier gründete er im Jahre 1924, bereits völkisch bzw. antisemitisch beeinflusst, u.a. das Institut zur Pflege deutschen Wissens, über das er später schrieb: „Mitten in dieser rassenchaotischen roten und jüdischen Wüste im Staat und an den Hochschulen stand in der Ostmark seit 1920 die blutsbewusste großdeutsch gesinnte akademische Jugend. Durch … das 1924 errichtete ‚Institut zur Pflege deutschen Wissens‘ predigte sie von deutschem Blutgefühl und nordischer Rassenseele, von Staatserneuerung und Volkseinheit, vom Zusammenschluss aller Deutschen im Reich.“ Nachdem Körber ein rechts- und staatswissenschaftliches Studium an der Universität Wien aufgenommen hatte, war es ihm – als führendes Mitglied der antisemitischen und antidemokratischen Deutschen Studentenschaft (DSt) Österreichs – ein großes Anliegen für die im Ersten Weltkrieg gefallenen deutschen Studierenden und Lehrenden der Universität ein Denkmal zu errichten. Der dann von dem Wiener Bildhauer Josef Müllner gestaltete Siegfriedskopf verwies auf die Siegfried-Mythologie aus der Nibelungen-Sage und die Dolchstoßlegende, nach der das Deutsche Reich und Österreich den Ersten Weltkrieg durch eine Verschwörung von Sozialisten und Juden verloren hätten.

In nationalsozialistischen Kreisen wurde Körber als Verfasser bzw. Mitautor mehrerer antisemitischer Bücher: Arischgermanisches oder jüdischorientalisches Deutschtum (1928), Antisemitismus der Welt in Wort und Bild (1935), Rassesieg in Wien, der Grenzfeste des Reiches (1939) über Wien hinaus bekannt. Bereits am 25. April 1930 hielt Robert Körber in Bünde im Deutschen Haus (Padberg) auf Einladung der Bünder NSDAP-Ortsgruppe einen Vortrag zum Thema Rassentod über Deutschland?, in dem er die Juden als „Vertreter des Niedermenschentums“ bezeichnete. Er beklagte, dass in Deutschland Gesetz und Recht „vollkommen verjudet“ seien. Körber propagierte dagegen die „rassische Reinheit der Ehe“ und forderte die „Ausschaltung“ der „minderwertigen Menschen“. In der Zeitungsanzeige zu dem Vortrag war vermerkt: „Juden haben keinen Zutritt“. Im Oktober 1931 schloss sich Körber – obgleich Österreicher – dann der NSDAP an; er erhielt die Mitgliedsnummer 611987. In einem Brief vom 10. Oktober 1931 bezeichnete sich Körber als „Mann …, der an der östlichen Grenze des deutschen Vaterlandes seit vielen Jahren einen unermüdlichen Abwehrkampf gegen Fremdvolk und Fremdgeist führt.“

Körber war mit der im Jahre 1902 geborenen Klara Röhr verheiratet, einer Tochter des in Rödinghausen tätigen Lehrers und Kantors Friedrich Röhr, der ebenfalls Mitglied der NSDAP war. Das Ehepaar hatte zwei Söhne: Hermann (geb. 1935 in Bünde) und Siegfried (geb. 1940 in Wien). Nach der „Machtergreifung“ lebte Robert Körber mit seiner Frau zunächst für einige Zeit in Wien, nahm seinen Wohnsitz dann aber in München.

In Österreich war Körber Vizeobmann des Wiener Antisemitenbundes gewesen; nach dem „Anschluss“ Österreichs an das jetzt „Großdeutsche Reich“ zog Körber erneut nach Wien, war hier als Oberverwaltungsrat tätig und wurde im Jahre 1944 NSDAP-Kreisleiter des 3. Wiener Bezirks. Er bekleidete zudem in der SS den Rang eines Obersturmführers. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Körber aufgrund seiner NS-Vergangenheit für drei Jahre interniert. Danach kehrte er Wien den Rücken und ließ sich zunächst in der Gemeinde Westerenger, dann aber dauerhaft in Bünde nieder, wo er bei dem Rauchtabakhersteller Otto Beckmann als Abteilungsleiter Beschäftigung fand. Möglicherweise lebte Körber in den 1950er und 1960er Jahren dauerhaft in Furcht vor möglichen Vergeltungsmaßnahmen des israelischen Geheimdienstes Mossad.

In Bünde knüpfte Körber ein Netzwerk Gleichgesinnter. Anfang der 1950er Jahre gründete er in Bünde eine Ortsgruppe der HIAG (= Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der ehemaligen Angehörigen der Waffen-SS e.V.), die ein Büro in der Eschstraße 47 unterhielt. Auf Initiative Körbers wurden auch die völkischen Sonnenwendfeiern am Detmolder Hermannsdenkmal wieder belebt. In den 1960er Jahren war Körber in Bünde zeitweise Vorsitzender mehrerer Organisationen: Deutsches Kulturwerk Europäischen Geistes Bünde-Ennigloh, Arbeitsgemeinschaft der Traditionsverbände in Bünde und Bund der Vertriebenen. Vereinigte Landsmannschaften Ortsvereinigung Bünde. Auch in der Zeit der Bundesrepublik betätigte sich Körber noch als antisemitischer Schriftsteller. Im Göttinger Börries-Verlag veröffentlichte er im Jahre 1964 das Buch Die Judenfrage in Gesetzgebung, Verwaltungspraxis und Rechtsprechung.

In Bünde trat Körber vor allem als Vorsitzender des Ortsvereins des Bundes der Vertriebenen in Erscheinung. Er unterhielt enge Kontakte zur NPD, u.a. auch zu dem Vlothoer Geschichtsrevisionisten und NPD-Präsidiumsmitglied Udo Walendy, für den er im Oktober 1962 eine Veranstaltung im Festsaal des Café Holz organisierte. Walendy wurde dabei als „bekannter Staatswissenschaftler“ angekündigt. Walendy war auch Gast bei der Feier zum 80. Geburtstag Körbers. Als Ortsvorsitzender des Bundes der Vertriebenen konnte Körber in den 1960er Jahren in zahlreichen, in den örtlichen Tageszeitungen abgedruckten Artikeln seine revisionistische Weltanschauung verbreiten, wobei er anlässlich diverser Veranstaltungen auch als Festredner auftrat.

Im Jahre 1965 wurde Körber zudem Präsident des Deutschen Kulturwerkes europäischen Geistes mit Sitz in München. Das von den Verfassungsschutzbehörden beobachtete Deutsche Kulturwerk war eine von 1950 bis 1996 existierende rechtsextreme Organisation, die sich als „volksbewusste und volkstreue Gemeinschaft“ zur Förderung der deutschen Kultur verstand. Dem Deutschen Kulturwerk, das sich als Gegenpol zur Gruppe 47 sah, gehörten NS-belastete Schriftsteller, u.a. Will Vesper, Hans Grimm, Herbert Böhme sowie Rolf Kosiek als Mitglieder an. In den Bünder Gästebüchern des Kulturwerkes haben sich hochrangige Alt- und Jungnazis eingetragen, u.a. Admiral Dönitz und die Himmler-Tochter Gudrun Burwitz. Robert Körber starb am 18. Februar 1980 in Bünde.

Quellen/Literatur:

Nachlass Körber, in: Stadtarchiv Bünde. Norbert Sahrhage, Bünde. Stadt und Amt von 1719 bis 1990, Bielefeld 2019, S. 260.