Paul Bültermann: SS-Führer in Bünde

von Norbert Sahrhage


Paul Bültermann
Paul Bültermann

Paul Heinrich Bültermann, wurde am 31. Mai 1892 in Bünde geboren; sein Vater, Werkmeister Fritz Bültermann, wohnte mit seiner Familie zunächst in der Friedrichstraße 10. Paul Bültermann besuchte die Bünder Volksschule und dann das Herforder Friedrichs-Gymnasium – das Bünder Realprogymnasium war zu dieser Zeit noch nicht zur Vollanstalt ausgebaut. Im Alter von 19 Jahren erwarb Bültermann in Herford am 18. März 1912 das Reifezeugnis.

 

Im Sommersemester 1912 nahm Bültermann in Heidelberg das Studium der Theologie und der Philologie auf, wechselte aber kurz darauf nach Kiel und dann nach Halle/S. Infolge des Ersten Weltkriegs musste Bültermann sein Studium unterbrechen. Er meldete sich im August 1914 in Minden als Freiwilliger zur Ersatzabteilung des Feldartillerie-Regiments Nr. 22. Während des Krieges wurde Bültermann bei Verdun verwundet und erhielt mehrere Auszeichnungen, so im April 1916 das EK II, im April 1918 das EK I und im Juni 1918 das Hamburger Hanseatenkreuz.

Nach Beendigung des Krieges wurde Bültermann im Rang eines Leutnants entlassen.

Anfang des Jahres 1919 gehörte Paul Bültermann für kurze Zeit dem Studentenfreikorps Münster (Freikorps Pfeffer) an. Danach schloss er sein Studium ab. Er erwarb die Lehrbefähigung für die Fächer Religion und Geschichte sowie für das Zusatzfach Turnen.

Seine Zeit als Studienreferendar und Studienassessor absolvierte Paul Bültermann am Herforder Friedrichs-Gymnasium, danach war er vorübergehend an Schulen in Königsberg und Tecklenburg tätig, bevor er im Jahre 1928 als Studienrat am Bünder Realgymnasium eingestellt wurde.

 

Bald nach der nationalsozialistischen »Machtergreifung« schloss sich Paul Bültermann am 16. März 1933 der NSDAP an; am 31. Mai 1933 trat er in die SS ein. Seit Februar 1935 leitete Bültermann den neugegründeten Bünder SS-Sturm 6/82. In einer Beurteilung vom September 1936 wurde Bültermann eine gute SS-Haltung bescheinigt. „Im Dienst ist er streng und genau, seine Arbeiten zielsicher. Sein Sturm ist fest in seiner Hand und mit den Männern ist er kameradschaftlich verbunden. Sein Sturm hat in den SS-Frühjahrskämpfen im Oberabschn. West am besten abgeschnitten.“ Im November 1936 wurde Bültermann daraufhin vom Hauptscharführer zum SS-Untersturmführer befördert, im April 1943 zum SS-Obersturmführer. Eine weitergehende Beförderung wurde von seinen Vorgesetzten in der SS jedoch abgelehnt. In einem Gutachten über Bültermann aus dem Jahre 1943 hieß es: „Ein höherer Dienstgrad kommt z.Zt. … nicht in Frage, da B. konfessionell gebunden ist und … weltanschaulich auch noch nicht gefestigt sein soll.“ In seinem bei der SS eingereichten Lebenslauf hatte Bültermann verschwiegen, dass er auch Theologie studiert hatte. Der von Bültermann befehligte SS-Sturm beteiligte sich an den Ausschreitungen während des Novemberpogroms 1938 in Bünde. Auf Befehl Bültermanns wurden die aus dem brennenden Kaufhaus Spanier geretteten Stoffballen wieder zurück in das Feuer geworfen.

Nach Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht hatte Bültermann an mehreren militärischen Lehrgängen und Übungen teilgenommen. Nach Kriegsausbruch wurde er zur Wehrmacht eingezogen und im Verlaufe des Zweiten Weltkriegs zum Major befördert. Am 26. September 1939 hatte Bültermann die verwitwete Lydia Rahning, geb. Plümer, Tochter eines Zigarrenfabrikanten aus Enger, geheiratet, die drei Kinder mit in die Ehe brachte. Mit seiner Frau hatte Bültermann ein gemeinsames Kind, einen Sohn, der im Jahre 1940 geboren wurde.

Nach Kriegsende konnte Bültermann aufgrund seiner SS-Vergangenheit nicht länger als Lehrer am Bünder Realgymnasium tätig sein. Im Februar 1949 wurde er in einem Schwurgerichtsprozess am Bielefelder Landgericht, der wegen der Übergriffe während der Pogromnacht in Bünde angestrengt worden war, freigesprochen. Bültermanns Mitangeklagter, der Herforder Landrat Hartmann, wurde wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit und Landfriedensbruchs zu einer Zuchthausstrafe von zwei Jahren verurteilt. Hartmann kommentierte das Urteil in seinen Lebenserinnerungen:  „(I)ch konnte nicht, wie der Studienrat Bültermann, mir Entlastungszeugen ‚besorgen‘, die bezeugten, dass er am sogenannten ‚Tat-Tag‘ mit einem inzwischen verstorbenen Marine-SA-Führer verwechselt worden sei. Das Ende vom Liede war, dass ich zu 2 Jahren Haft verurteilt wurde und Bültermann frei kam.“

Die nach Kriegsende erfolgte Entlassung Paul Bültermanns aus dem Schuldienst war nicht von langer Dauer. Er wurde nach kurzer Zeit – außerhalb Bündes – wieder als Lehrer eingestellt.

Quellen/Literatur:

Norbert Sahrhage, Bünde. Stadt und Amt von 1719 bis 1990, Bielefeld 2019, S. 392f.