Dr. Ludwig Benning: Schulleiter in Diktatur und Demokratie

von Norbert Sahrhage


Dr. Ludwig Benning, Schulleiter in Bünde (Archiv des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums Bünde)
Dr. Ludwig Benning, Schulleiter in Bünde (Archiv des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums Bünde)

Heinrich Otto Ludwig Benning, am 12. Mai 1901 in Emmelndorf (Landkreis Harburg/Niedersachsen) als Sohn des Eisenbahnassistenten Adolf Benning geboren, erwarb im März 1920 auf dem humanistischen Gymnasium Ulricianum in Aurich (Ostfriesland) das Zeugnis der Reife. Benning galt als ausgesprochen guter Schüler. Von 1920 bis 1926 studierte Ludwig Benning an den Universitäten Kiel und Marburg Germanistik und Anglistik sowie Französisch. Das Gesamtprädikat seiner Abschlussprüfungen lautete: „genügend“. Im März 1922 hatte Benning zudem in Marburg die Turnlehrerprüfung abgelegt. Am 4. November 1925 wurde Benning in Marburg zum Dr. phil. promoviert. Bereits im Jahre 1921 war Benning in Marburg der militanten Marburger Burschenschaft Rheinfranken beigetreten, einer schlagenden Studentenverbindung, der er bis zu seinem Tode angehörte. Viele der Marburger Burschenschaftler waren Anhänger eines völkischen, antisemitischen Nationalismus. Nach vertretungsweisem Unterricht an der Oberrealschule in Lübeck absolvierte Benning im Jahre 1927 sein Vorbereitungsjahr in Dortmund, zunächst am Bismarck-Realgymnasium, dann am dortigen Schiller-Lyzeum.

Benning heiratete im März 1929. Der Ehe mit Else Vohl entstammte eine Tochter. Seine erste Anstellung erhielt Benning am 1. April 1929 als Studienassessor am Städtischen Gymnasium in Schwerte. Zwei Jahre später wechselte Benning dann als Studienrat an das Bünder Jungengymnasium, wo er eine feste Anstellung bekam und bis zum 31. März 1936 unterrichtete. Am 1. April 1933, sehr rasch nach der „Machtergreifung“, war Benning der NSDAP (Mitgl.-Nr. 1796777) beigetreten, was ihm bei seiner weiteren beruflichen Karriere sehr von Nutzen war, da er bereits zum 1. April 1936, im Alter von nur 35 Jahren, als Schulleiter an die Bünder Oberschule für Mädchen berufen wurde. Seine nationalsozialistische Haltung dokumentierte Benning durch Mitgliedschaften in weiteren NS-Organisationen. Er war seit Juli 1933 Mitglied der SA und des Nationalsozialistischen Lehrerbundes (NSLB). Seit dem 10. Oktober fungierte Benning zudem als Ortswart der NS-Gemeinschaft Kraft durch Freude. Etwa gleichzeitig mit seiner Berufung zum Schulleiter übernahm er das Amt des NSDAP-Ortsgruppenschulungsleiters. Schließlich war Benning noch Vorsitzender des Bünder Ortsvereins für das Deutschtum im Ausland, der ebenfalls eine gewisse Nähe zum Nationalsozialismus besaß.

Am 1. Mai 1937 wurde Benning, der das Amt als Schulleiter zunächst kommissarisch wahrgenommen hatte, zum Studiendirektor befördert. Während des Zweiten Weltkrieges  wurde Benning im Jahre 1941 zu einer militärischen Übung eingezogen, konnte danach aber zunächst seine Arbeit an der Schule weiterführen. Ludwig Benning, intelligent und sprachlich sehr begabt, beteiligte sich während des Krieges an dem in Bünde sehr erfolgreichen Wunschkonzert für das Winterhilfswerk 1941. Dabei verfasste er das Stück „Bünde von der Steinzeit zur Sommerzeit“ sowie eine Reihe weiterer durchaus kunstvoller Verse, die sich über weite Strecken gegen Großbritannien, den deutschen Kriegsgegner, richteten: „Und so erweist sich wirksam die Erfindung/Im Kampfe gegen Englands Lügenflut./Sie stärkt der Volksgemeinschaft enge Bindung/Und gibt auch den Verzagten neuen Mut./Sie offenbart der Selbstsucht Überwindung:/Was hier geschaffen, das ist restlos gut!/Gafft, Plutokraten (gemeint sind die Engländer), nur mit offnem Munde!/Das gibt’s nur einmal auf dem Erdenrunde.“

Benning, dann doch noch eingezogen, geriet gegen Ende des Krieges in englische Gefangenschaft, aus der er erst im Jahre 1948 entlassen wurde.

Nach dem Ende des Krieges übernahm Dr. Ernst Färber die kommissarische Leitung der Oberschule für Mädchen; Ludwig Benning konnte – infolge seiner Kriegsgefangenschaft – erst im Jahre 1948 seine Tätigkeit als Lehrer wieder aufnehmen, dieses Mal – möglicherweise auf Grund seiner nationalsozialistischen Vergangenheit – aber nur als „einfacher“ Lehrer am Bünder Jungengymnasium. Nach dem Tode von Schulleiter Friedrich Schöne (1952) wurde Benning dann im Jahre 1953 zum Leiter des Neusprachlichen Gymnasiums für Jungen berufen, wie das Freiherr-vom-Stein-Gymnasium zu jener Zeit noch hieß. Benning blieb bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1967 Leiter des Gymnasiums. Danach unterrichtete er noch einige Jahre am Progymnasium in Enger. Seiner alten Schule, dem Ulricianum in Aurich, fühlte sich Benning zeitlebens verbunden. Im hohen Alter verfasste er – anlässlich des 350jährigen Schuljubiläums – noch Erinnerungen an seine eigene Schulzeit der Jahre 1912-1920. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg beteiligte sich Ludwig Benning am Bünder Kulturleben. Zeitweise war er Vorsitzender der Kunstgemeinde Bünde-Ennigloh.

Dr. Ludwig Benning starb am 10. Mai 1996, zwei Tage vor Vollendung seines 95. Lebensjahres, in Bünde.

Quellen/Literatur:

Norbert Sahrhage, Bünde. Stadt und Amt von 1719 bis 1990, Bielefeld 2019, S. 344 u. 440-44.